Rede Dr. Thomas Thiele zum Haushalt 2019

Osnabrück ist reich! Es ist reich an tollen engagierten Bürgern, Menschen, die für andere da sind.
Wir haben hier ein Klima der Toleranz und Zugewandtheit. Das ist der Idee einer Friedensstadt auf den Leib geschnitten.

Friedfertigkeit und Zugewandtheit hat nichts mit Dummheit oder Naivität zu tun sondern mit dem, was unser Zusammenleben ausmacht!

So bleibt dem kritischen Blick der Bürger nicht verborgen, dass die Parteienlandschaft sich ändert, die Menschen mit den Protagonisten der Parteien nicht zufrieden sind, obwohl es uns wirtschaftlich geradezu fantastisch geht.
Die Bürger erkennen, dass das Demokratieverständnis der sogenannten „Volksparteien“ sehr eingeschränkt ist: Diese Parteien lassen den ehrenamtlich tätigen Bürgern bei dem wichtigsten Thema, dem Haushalt, gerade 5 Minuten Zeit zur Argumentation.
Ich weiß nicht, ob es Ignoranz ist oder hat man einfach tatsächlich Angst davor, dass aufgedeckt wird, wie man mit den Steuern umgeht?

Wir als Stadt haben immer noch einen hohen Schuldenstand: Wir schieben über 400 Mio. Euro Schulden vor uns her, unser Girokonto wird mit über knapp 70 Mio. Euro überzogen. Trotzdem suggerieren CDU und SPD, dass es uns finanziell gut geht, weil die Wirtschaft brummt und die Gewerbesteuer sprudelt. Ignorant ist, dass ein Füllhorn von zusätzlichem Geld ausgeschüttet werden soll, um damit verlorengegangene Wähler zurückzukaufen.
Dazu nenne ich Ihnen gern einige Beispiele:
1. Die obere Verwaltungsebene soll um einen weiteren VORSTANDSPOSTEN aufgerüstet werden. Das kostet uns jährlich über 160.000 Euro. Angeblich sind die Aufgabenbereiche nicht mehr mit einem 4er Vorstand zu bewältigen. Ich erinnere an kompetente ehemalige Vorstandsmitglieder, die ihre Fachbereiche im Griff hatten und trotz ihrer fachlichen Kompetenz nach Hause geschickt wurden. Die großen Fraktionen machen die Besetzungen unter sich aus. Leistung hat da sicher nicht oberste Priorität. Das ist genau das Muster, das die Bevölkerung immer vermutet. Auch wenn wir geglaubt haben, dass mit einem Oberbürgermeister einer anderen Partei diese Kungelei aufhört, wurden wir eines Besseren belehrt. Über 60 neue Stellen in der Verwaltung sind schon jetzt dazugekommen. Allein im direkten Umfeld des OB gibt es mindestens 3 Stellen mehr. Ein neuer Dezernent wurde – vor zwei Jahren -basierend auf der Stellenbeschreibung der vorherigen Stelleninhaberin – gewählt und kann das nun doch nicht leisten?
Die Stadt darf beim Ausscheiden von Führungspersonen bis heute noch die Pensionen zahlen:
Ich erinnere an Herrn Wimmer, Herrn Haverkämper, Frau Bott und andere. Das sind keine Peanuts.
2. Die Kindergartenbeiträge sollen gleich Null sein: Damit hat die SPD die Wahl in Niedersachsen gewonnen. Eine ehrliche Gegenfinanzierung hat nicht stattgefunden sondern belastet den kommunalen Haushalt.
Diese Mogelpackung soll sogar noch ausgeweitet werden: 4,7 Mio. Euro müsste die Stadt berappen, wenn wie von der Osnabrücker SPD gefordert, alle Elternbeiträge auch für unter Dreijährige entfallen würden.
3. Klientelpolitik ist es auch, wenn 5000 Euro aus Steuermitteln für eine Kaninchenschau wie von der CDU gefordert, gegeben werden sollen.
4. Wenn ich überlege, dass wir demnächst noch möglicherweise eine aus Steuermitteln finanzierte Wohnungsbaugesellschaft bekommen sollten, wird eine Konsolidierung des städtischen Haushaltes wohl nie kommen.
5. Weitere noch unklare Positionen sind in den Nebenhaushalten der städtischen Töchter versteckt:

Das Theater hat einen Mindestbedarf von 80 Mio. Euro zur Sanierung des Hauses.

Die Schulen, viele zum Teil im erbärmlichen Zustand, sind dringend sanierungsbedürftig. Hier sind die Kosten nicht ansatzweise bekannt. Wann kommt endlich die sog. „Neue Schule“?

Auch im Klinikum weiß so recht keiner, wie es weiter geht.

Viele Institutionen, Verbände und Vereine leisten einen großen Beitrag für die Bürger dieser Stadt. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle herzlich bedanken. Zahlreiche Projekte werden bereits von der Stadt bezuschusst. Einer Ausweitung können wir leider aus finanziellen Erwägungen nicht zustimmen, obwohl uns die Problematiken bekannt sind. Wir wissen, dass es viele wichtige zu unterstützende Punkte gibt. Dennoch müssen wir die Mehrbedarfe ablehnen.

6. Infrastruktur ist für unsere Bürger und die Firmen sehr wichtig: So stimmen wir zum Beispiel den Sanierungen der Straßen und der Planung der Eisenbahnunterführung in Eversburg zu.

7. Der Verkehrskollaps wird billigend in Kauf genommen.
Der Ausbau des P+R Systems geht nur schleppend bis gar nicht voran.
Weitere mögliche von uns angestoßene Maßnahmen zur Verringerung der Luftbelastung wie ein Kreisverkehr auf dem Wallring, eine veränderte Busführung, eine adaptive Ampelsteuerung sowie der Ausbau der protected bikeline werden ignoriert. Stattdessen werden mit Berliner Kissen die Menschen belastet besonders auf dem Weg in die Krankenhäuser.
Auch fehlen ernsthafte Planungen, wie es mit dem schienengebundenen Verkehr weiter gehen soll.
Das zeigt fehlenden Mut in Zukunftsinvestitionen.
Gerade eine gute Infrastruktur hat uns in Deutschland und Osnabrück in der Vergangenheit den Erfolg gebracht.

Wir werden in vielen Punkten dem Haushalt zustimmen. Wir waren offen für alle zu diskutierenden Punkte:
Aber mit Tricks und den von mir kritisierten Fehlentscheidungen, hat man unser Vertrauen missbraucht.
Unser Resümee:
Chaos in der Führung, keine Zukunftsentwicklung für diese Stadt.

Deshalb müssen wir diesen Haushalt ablehnen.